Von September 2020 bis Februar 2021 sowie von Juli bis September 2021 besuchte ich die internationale Bibelschule „Capernwray Hall“. Weil es sich dabei um eine weitere wichtige Etappe in meinen Auslandserfahrungen handelt, darf diese auf meinem persönlichen Reiseblog nicht unerwähnt bleiben. Aber auch darüber hinaus hat Capernwray einfach einen besonderen Stellenwert in meinem Leben eingenommen und ich hoffe, euch hier nahezubringen, warum das so ist.
Aber erstmal: Was ist denn eigentlich ein „Capernwray“?
„Capernwray Hall“ ist eine internationale Bibelschule von den Fackelträgern, die sich im Nordwesten Englands, unweit von Lancaster und dem Lake District befindet. Die Fackelträger sind ein christlicher Träger, die weltweit Standorte haben, an denen Bibelschulen angeboten werden. So auch hier. Es gibt ein vollzeitliches Studienprogramm, das sich im Fall von Capernwray über 6 Monate, während der Winterbibelschule, oder über 3 Monate, während der Sommerbibelschule, erstreckt. Ich durfte den sechsmonatigen Kurs mit 60 weiteren Bibelschüler*innen absolvieren.
Während der Zeit waren unsere Wochen gefüllt mit verschiedensten Aktivitäten.
Vormittags bis nachmittags sowie an ausgewählten Abenden hatten wir Vorlesungen über verschiedene theologische Themen, wie beispielsweise den Römerbrief oder auch über den Heiligen Geist. Manche waren somit eher theoretisch orientiert, andere hatten einen sehr handlungsorientierten Ansatz, wie beispielsweise das Thema Umweltschutz. Die Sprecher*innen wechselten sich immer ab und waren teilweise selbst in Capernwray Hall angestellt; andere hingegen kamen von extern. Wir als Studierende durften somit sehr gute Lektionen genießen und einige schriftlichen Aufgaben oder auch Tests einreichen. So war definitiv eine etwas verschulte Komponente in dem Konzept enthalten, was damit zusammenhängt, dass Capernwray Hall ein staatlich anerkanntes Bibel-College ist.
Abgesehen von dem Lernaspekt gab es einige Gruppen oder Projekte, an denen wir teilnahmen. Die „New-Testament-Discussion-Group“ war dafür bestimmt, die Briefe aus dem neuen Testament mit anderen Studierenden gemeinsam unter die Lupe zu nehmen. Auch gab es Familiengruppen, die einen eher pastoralen Schwerpunkt hatten, sodass wir immer einen Raum hatten, wo wir uns über unser persönliches Befinden äußern konnten. Im „Whole-Community-Prayer“ kamen die gesamte Schülerschaft und alle Angestellten zusammen, um für verschiedene weltweite Themen zu beten. Und letztlich muss auch noch das soziale Engagement genannt werden, denn wir durften in den lokalen Gemeinden sowie bei anderen Projekten mitwirken.
Durch diese verschiedenen Aktivitäten gewann der Alltag an einer klaren Struktur und wir hatten die Möglichkeit, viel zu lernen und selber etwas von dem Gelernten weiterzugeben. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass all dies unter Corona-Bedingungen stattfand. In extremen Situationen bedeutete das, dass wir nicht einmal die Sprecher*innen vor Ort haben durften und dass der gesamte Unterricht sich auf online verlagerte. Auch wirkte sich dies auf die Gemeinschaft insofern aus, dass wir in zwei Gruppen à 30 Personen aufgeteilt wurden und uns untereinander nicht mischen durften. Deswegen war dies sicherlich eine andere Erfahrung als die der vorgegangenen Jahrgänge, denn da waren teilweise 180 Studierende vor Ort und niemand gebrauchte den Ausdruck „social distancing“.
Nichtsdestotrotz war der Gemeinschaftsaspekt für mich sehr wichtig in der Zeit. Ich habe einige Freunde gewonnen, die mir auch über die Zeit hinaus erhalten geblieben sind und mit denen ich mich über alles unterhalten kann. Durch das enge Miteinander und dadurch, dass man den gesamten Alltag miteinander teilt, lernt man sich sehr schnell untereinander kennen und kann eine starke Verbindung aufbauen. Highlights, die mir mit meinen Freunden mit am meisten in Erinnerung geblieben sind, sind…
- Unsere Reise nach London in der Winter-Break (Corona-bedingt verkürzt, aber auch nicht schlimm)
- Spaziergänge am Kanal entlang nach Carnforth
- Volleyball- und Gesellschaftsspiele
- Spaziergänge um den Loop
Ihr seht: Man teilt den Alltag miteinander. Jedoch passiert dies durch die Multikulturalität in einem so besonderen Setting, dass wirklich jeder Tag Überraschungen bergen kann.
Ein Aspekt, den ich zum Schluss nennen möchte, weil er mir persönlich am wichtigsten ist, ist der geistliche. Dieses gesamte Kursdesign, alle Aktivitäten, jeder Tag sollte dazu dienen, dass wir Studierende Gott näher kennenlernen und besser verstehen. Und ich muss persönlich sagen, dass mein Glaube sich vor Capernwray manchmal instabil angefühlt hat; als hätte ich nicht die Perspektive, immer daran glauben zu können. Es waren viele Zweifel mit dem Glauben verknüpft. Aber in Capernwray hat Gott sich mir auf eine Art und Weise gezeigt, wie ich es noch nie vorher erlebt habe, weil ich ihn so eng in den Alltag mit eingebunden hatte. Die gesamte Zeit drehte sich um ihn, die Gemeinschaft mit ihm und darum, in der Beziehung mit ihm voranzukommen. Und das war genau der Push, den mein geistliches Leben gebraucht hat. Seitdem ich als Studentin in Capernwray war, ist der Glaube für mich der Teil des Lebens, der mir nicht weggenommen werden kann. Auch, wenn alles andere schwindet, bleibt mir der Glaube und das ist es, was nicht nur mich, sondern auch so viele weitere Personen vor mir immer wieder ermutigt hat. Und deswegen kann ich nur sagen: Thank God for his work in Capernwray!
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